Ich bin Praxisanleiter und damit auch für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege mit zuständig. Allerdings gehöre ich nicht zu den freigestellten Praxisanleitern und muss meine Anleitungen somit neben meiner normalen Tätigkeit ausüben. Dabei gerate ich häufig in einen Rollenkonflikt. Als Praxisanleiter würde ich den Auszubildenden gerne in Ruhe eine Pflegemaßnahme wie zum Beispiel das Entfernen einer Drainage erklären. Doch im Arbeitsalltag kommt es oft zu stressigen Situationen. Da kann ich mir als Pflegefachkraft nicht immer die Zeit nehmen, um den Auszubildenden anzuleiten.
Zudem beobachte ich, dass es bei den Auszubildenden manchmal auch an Motivation und Engagement mangelt. Das wiederum bremst meine Motivation, ihm oder ihr etwas beizubringen. Je mehr ein Auszubildender wissen und lernen möchte, desto eher bin ich ihm zugeneigt. Ich erlebe häufig, das Auszubildende lieber googlen oder stumm neben mir stehen und regungslos den Pflegemaßnahmen zusehen, ohne das Ergebnis zu reflektieren. Ich weiß nicht ob es eine Generationenfrage ist… Und vielleicht muss ich mir auch selbst an die eigene Nase fassen. Denn natürlich stehen wir Pflegefachkräfte häufig unter enormem Stress und können nicht die Geduld einer gezielten Anleitung aufbringen.
Freigestellte Praxisanleiter sind ein Segen
Immer mehr Auszubildende haben einen Migrationshintergrund und bedürfen einer besonders intensiven und zeitaufwändigen Anleitung. In diesen Momenten bin ich froh, dass wir in unserer Klinik zwei freigestellte Praxisanleiter haben. Sie können sich mit ihrer gesamten Arbeitskraft um die Auszubildenen kümmern und die nötige Zeit und Geduld aufbringen, ohne den regulären Stationsablauf im Hinterkopf zu haben. Auch für unsere ausländischen Pflegefachkräfte werden diese freigestellten Praxisanleiter eingesetzt. Sie sollen den Kollegen zum Beispiel die Körperpflege eines bettlägerigen Patienten zeigen, da sie in ihren Herkunftsländern solche Aufgaben nicht mit übernehmen müssen. Ein großes Dankeschön geht an unsere zwei freigestellten Praxisanleiterinnen Jutta und Joyce – Danke für Eure Geduld und Mühe!
Zeit für Anleitung zahlt sich aus
Durch meine Arbeit als Bereichsleiter und Pflegefachkraft habe ich leider kaum noch die Möglichkeit, als Praxisanleiter zu agieren. Umso mehr genieße ich den Moment, wenn wir gut besetzt sind und ich mir die Zeit für eine gezielte Anleitung nehmen kann. Denn eine gute Anleitung wirkt sich auch gut auf eine Station aus: Der Auszubildende kann ab diesem Moment Pflegemaßnahmen übernehmen und die Pflegefachkraft kann sich auf andere wichtige Dinge konzentrieren.
Gut angeleitet eine große Hilfe
Viele Pflegefachkräfte denken im stressigen Alltag: „Ach, ich habe jetzt keine Zeit, dir etwas zu zeigen.“ Doch wenn sie einen wissbegierigen Auszubildenden vor sich haben, der das Erlernte anwenden kann, dann entlastet er die Pflegefachkraft in künftigen Pflegesituationen. Und damit erreicht man eine Win-Win-Situation. Mein Tipp an alle Pflegefachkräfte: Nehmt euch die Zeit – und ihr werdet etwas davon haben!
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