Suchen Sie nach etwas?

Das ist doch eklig! Pflege an der Grenze des Erträglichen

Autor:
Ekel? Wunden verbinden

Ganz ehrlich: Vor dem Beginn meiner Ausbildung habe ich mir nicht ein Mal Gedanken darüber gemacht, was mich im direkten Körperkontakt mit Menschen erwartet. Natürlich war mir bewusst, dass ich Menschen in Körperzonen berühren werde, die eigentlich nur ihnen selbst und Sexualpartnern und -partnerinnen vorbehalten sind. Wie das für mich sein würde? Das werde ich dann schon sehen, dachte ich.

Pflege kann eklig sein

Jede Pflegekraft kennt den Satz: „Anderen den Arsch abwischen, DAS könnte ich nicht!“ Meine Antwort: „Dann lass es bleiben!“ Denn wie furchtbar muss es für den hilfsbedürftigen Menschen sein, wenn die Pflegekraft das, was sie tut, mit Abscheu erledigt und es die Patienten spüren lässt? Sowas ist immer zu spüren, auch ohne Worte. Aber wie gehe ich mit Ekelgefühlen um?

Ekel hat viele Gesichter

Erster Schritt: sich der eigenen Ekelgefühle bewusst werden und dazu stehen. Ekel ist nicht gleich Ekel. Auch in der Pflege nicht. Immunität gegen Ekel gibt es nicht, Gewöhnung vielleicht etwas, aber auch nicht garantiert.

Meine persönliche Ekel-Hitliste:

1. Schleimige Verkrustungen in der Mundhöhle bei Menschen, die nicht mehr selbst schlucken.

2. Tracheostoma-Reinigung (ein Tracheostoma ist ein künstlicher Zugang zur Luftröhre in der Halsbeuge), denn die kann ebenfalls mit viel Schleim verbunden sein.

3. Erbrochenes jeglicher Art, wobei ich erbrochene Nahrungsmittel nicht so eklig finde wie das sogenannte Kaffeesatzerbrechen (Geronnenes Blut im Magen wird erbrochen – das sieht tatsächlich aus wie Kaffeesatz).

4. Infizierte Wunden, die sehr stark riechen können.

5. Erst am Ende der Liste stehen Stuhlgang und stark riechender Urin.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, sind es vor allem die Gerüche und schmatzende Geräusche des Schleims, vor denen ich mich ekele. Sieht etwas eklig aus, stört mich das nicht so. Auch habe ich keine Schwierigkeiten, Blut zu sehen.
Als ich vor einigen Wochen eine Auszubildende bezüglich ihrer Arbeitsplatzwünsche nach dem Examen fragte, war das ihre Antwort: „Auf jeden Fall chirurgisch, also irgendwas mit Wunden, je komplizierter und ekliger, desto besser!“ Sie sprach mit großer Begeisterung für das Fachgebiet. Mir wurde einmal mehr klar: Was für den einen Menschen eklig ist, ist es für den nächsten lange nicht.

Sich ekeln und trotzdem gut pflegen

Trotz aller Ekelgefühle bleibt die Notwendigkeit entsprechender Pflegemaßnahmen bestehen. Nicht immer ist es möglich, diejenigen Kollegen die Wunden versorgen zu lassen, die sich am wenigsten ekeln. Wenn das im Team geht – super! Dazu muss aber über Ekel gesprochen werden, und das tun viele nicht. Nicht ihren Kollegen gegenüber und auch nicht gegenüber den Patienten. Dabei hilft Ehrlichkeit dabei, zugewandt zu bleiben. Nicht sich zu ekeln ist schlimm, sondern das Gefühl zu unterdrücken. Denn dann zeigt sich das unterdrückte Ekel-Gefühl womöglich doch in einer ablehnenden Haltung gegenüber den betreffenden Patienten. Auch wenn wir das gar nicht wollen und alles versuchen, es zu verbergen – Patienten spüren so etwas. Deshalb ist es so wichtig, sich auch seiner Ekel-Gefühle bewusst zu werden und offen damit umzugehen.

Foto: Katharina Voß

Katharina Voß

(Jahrgang 1983) ) ist seit 2016 Berufspädagogin im Bildungszentrum für Gesundheitsberufe der Asklepios Kliniken Hamburg. Davor hat sie als Stationsleitung in der Klinik für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen der Asklepios Klinik Nord gearbeitet. Sie lebt mit ihrem Sohn in Hamburg. Katharinas Leidenschaft ist der Sport. Mehrmals pro Woche trainiert sie, fährt mit dem Rennrad zur Arbeit oder läuft durch die Hamburger Naherholungsgebiete. Am liebsten läuft Katharina an den Elbhängen in Rissen und Blankenese oder am nördlichen Alsterlauf. Doch auch auf der Tartanbahn fühlt sie sich wohl. Beim Sport kann Katharina die Anstrengungen der Arbeit hinter sich lassen und abschalten.


    Über Uns

    Wir sind Pflege! Denn mit mehr als zwei Millionen Patient:innen sind die Asklepios Kliniken eines der größten Gesundheits-unternehmen in Deutschland. Mehr als 67.000 Mitarbeiter:innen sind rund um die Uhr im Einsatz - ein großer Teil von ihnen als Pflegekräfte.
    Auf diesem Blog erzählen einige von ihnen aus ihrem Alltag in einer der bundesweit rund 170 Gesundheitseinrichtungen von Asklepios. Wie sie arbeiten und was sie bewegt, lesen Sie hier.

    Letzte Beiträge

    Häufige Krankmeldungen in der Pflege: Strategien und Lösungen Häufige Krankmeldungen in der Pflege, was tun?

    Entdecken Sie effektive Maßnahmen und Strategien gegen häufige Krankmeldungen und Personalausfäll...

    Blog via E-Mail abonnieren

    Gib Deine E-Mail-Adresse an, um diesen Blog zu abonnieren und Benachrichtigungen über neue Beiträge via E-Mail zu erhalten.