Wer in der Pflege arbeitet, ist täglich nicht nur Pflegekraft. Ich bin in meinem Job nicht nur Kinderkrankenschwester, sondern immer ein bisschen Psychologin, Streitschlichterin, Bürofachkraft, Sicherheitsfrau, Klempnerin, Eventmanagerin, IT-Fachfrau, Putzfrau usw. Jetzt ist es mir passiert, dass ich Unterricht im Bildungszentrum für Gesundheitsberufe (BZG) der Asklepios Kliniken Hamburg halten durfte. Durch eine Rundmail, die über den Asklepios-Account kam, bin ich darauf aufmerksam geworden.
Das BZG suchte noch Dozenten für die Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege. Die Themen Erkrankungen des Verdauungstrakts, chronische wie akute Atemwegserkrankungen, HNO-Erkrankungen und Herzerkrankungen im Kindesalter waren noch nicht mit Lehrkräften besetzt.
Fürs Reden bin ich bekannt, Vorträge arbeite ich gerne aus, also habe ich mich spontan für die Verdauungskrankheiten sowie für die Atemwegs- und HNO-Erkrankungen im Kindesalter gemeldet. In diesem Bereich fühle ich mich sicher.
Die Vorbereitung
Was dann aber wirklich an Arbeit dahintersteckt, um eineinhalb Tage Unterricht über den Verdauungstrakt und insgesamt zwei Tage für Atemwegs- und HNO-Erkrankungen auszuarbeiten, habe ich unterschätzt. Die eigene Berufserfahrung macht es in einigen Bereichen bestimmt etwas leichter, aber hier geht es nicht nur um Erlebtes, sondern darum, medizinische Fakten zu vermitteln. Ich habe Fachbücher und Pflegestandards gewälzt, das Internet durchsucht, im eigenen Gedächtnis herumgekramt, die ärztlichen Kollegen ausgefragt.
Aus geplanten zwei bis drei Vorbereitungstagen wurde dann insgesamt eine Woche und noch zusätzlich so manche Nachtstunde. Ich wollte es perfekt machen, denn immerhin waren in meinen Unterrichtstunden Themen für das Examen dabei. Außerdem wird nach jedem Unterrichtsblock eine Klausur geschrieben, berichteten mir die Auszubildenden. Das ist eine Menge Verantwortung! Was die Auszubildenden wissen oder nicht wissen, fällt auf den Unterricht zurück – und auf den Dozenten.
Am Lehrerpult
Obwohl ich schon Seminare und Kurse geleitet habe, war ich ein bisschen aufgeregt. Wie am ersten Schultag, nur dass ich jetzt die Seiten gewechselt hatte. Jetzt stand ich am Lehrertisch, auf dem das Klassenbuch lag, und schaute in erwartungsvolle Gesichter.
Die Verdauungskrankheiten im Kindesalter standen für das dritte Lehrjahr im August auf dem Stundenplan. Die Vorstellung meiner Person war gar nicht nötig, da mich die meisten aus der Kindernotaufnahme kannten.
Und nun ging es hinein in den Unterrichtsstoff. Die ersten Stunden sind wie im Fluge vergangen. Am zweiten Tag war die Aufregung bei mir kaum noch vorhanden. Weil ich auch eine Gruppenarbeit eingebaut hatte, verging die Zeit wieder schnell. Mit viel Nachdenken und Engagement haben die Azubis erarbeitet, welche Produkte ein an Zöliakie erkranktes Kind nicht essen darf. Das herzliche Dankeschön von den Auszubildenden zeigte mir, dass der Unterricht zumindest nicht langweilig war. Eine schöne Bestätigung. Ich gebe zu, dass es ganz schön viel Energie gekostet hat, über vier Doppelstunden die Konzentration aufrecht zu erhalten, für Fragen da zu sein und den berühmten roten Faden nicht zu verlieren.
Gruppenarbeiten lockern auf
Im September erwarteten mich Azubis aus dem zweiten Lehrjahr für die Themen Atemwegs- und HNO-Erkrankungen im Kindesalter. Vier Unterrichtstage mit je zwei Doppelstunden waren geplant. Mit etwas Nervosität hatte ich auch hier zu kämpfen: Würde ich der Rolle als Dozentin gerecht werden? Zwei Gruppenarbeiten, an denen die Auszubildenden sichtlich Spaß hatten, lockerten den Unterricht auf. In der ersten Arbeit sollten die Azubis die häufigsten Erkältungsviren finden und dann Platz 1 und 2 von ihnen herausarbeiten. Zehn verschiedene Viren wurden gefunden, aber bei der Platzierung gab es unterschiedliche Meinungen. Und so wurde nachgedacht, gerätselt, abgewogen. Und sie haben es als Gruppe gemeinsam geschafft, den am häufigsten vorkommenden Erkältungsvirus zu finden. In der zweiten Gruppenarbeit sollten die Azubis verschiedene Gerüche erkennen. Nicht ganz einfach, wie sich herausstellte. Die vielen Fragen zeigten mir, wie aufmerksam sie dem Unterricht folgten. Auch dieses Mal gab es ein herzliches Dankeschön.
Ich gebe aber zu, nach den vier Tagen war ich dann diejenige, die erst einmal tief durchatmen musste. Es hat mir viel Freude bereitet zu unterrichten. Es ist aber auch sehr herausfordernd, allen gerecht zu werden.
Unterrichten macht Freude
Fazit des Ganzen: Unterricht zu erteilen macht Spaß. Ich habe aber festgestellt, dass es für die Dozenten eine große Herausforderung ist, guten Unterricht zu geben. Die Erwartungen sind sehr hoch. Die Auszubildenden vergleichen im Netz, ob man auch das Richtige lehrt, ob die Fakten stimmen. Das ist auch gut, aber ich habe mich doch das eine oder andere Mal kontrolliert gefühlt und das Vertrauen vermisst. Der Anspruch ist sehr hoch. Das ist auch wichtig, denn schließlich werden uns kleine und große Patienten in der Pflege anvertraut. Manchmal habe ich jedoch das Gefühl, dass die Basis etwas in Vergessenheit gerät. Es ist wichtig, Erkrankungen bis ins kleinste Detail zu kennen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass manchmal der Trost, die warme Decke, etwas zu trinken oder der kalte Umschlag auf der Stirn genau so wichtig sind und auch daran gedacht werden muss.
Wissen und Erfahrungen weitergeben ist wichtig. Wenn man mich noch einmal fragen würde, ich würde es wieder tun. Und ich gebe ganz ehrlich zu, dass ich bei der Ausarbeitung der Vorträge für mich auch wieder eine ganze Menge wiederholt und neu dazugelernt habe.
Fotos: Christiane Langhals