GASTBEITRAG:
Christina Haeberle, Auszubildende der Gesundheits- und Krankenpflege in der Asklepios Klinik Hamburg Barmbek, hat einen Monat lang in einer Klinik in Spanien mitgearbeitet. Als Praktikantin hat sie dort viele spannende Eindrücke gewonnen. Besonders beeindruckend: der Blick in den Operationssaal, wo sie bei komplizierten Eingriffen zusehen durfte. Hier erzählt Christina von ihrem Aufenthalt in Bilbao.
Im September 2018 hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen eines Erasmus-Stipendiums ein vierwöchiges Praktikum in der IMQ Zorrotzaurre Klinik in Bilbao zu absolvieren. In dieser Zeit habe ich in drei verschiedenen Bereichen gearbeitet: der Chirurgie (HDQM), der Notfallabteilung und in der OP-Abteilung. So bekam ich ein gutes Gefühl dafür, wie das spanische Gesundheitssystem funktioniert. Auch die Unterschiede zwischen spanischen und deutschen Pflegekräften sowie die Organisation und Infrastruktur eines privaten Krankenhauses in Spanien habe ich kennengelernt.
Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland
Anfang September ging es also los für mich ins Baskenland nach Nordspanien. Ich hatte Glück, dass mir eine Partnerorganisation vor Ort eine Unterkunft besorgt hatte. Geschlafen habe ich also vier Wochen bei einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern. Sie war sehr freundlich und offen, sodass ich schnell das Gefühl hatte, „angekommen“ zu sein. Gleich am ersten Wochenende hat sie mich zu einem Fußballturnier für Flüchtlinge mitgenommen, um dort ihre Freunde kennenzulernen. Das hat mir zum Start geholfen.
Nach ein paar Tagen zum Eingewöhnen wurde ich zu Beginn auf der Station HDQM, der chirurgischen Tagesklinik, herzlich begrüßt. Das erste, was mir auffiel, waren die Unterschiede in der Pflege-Ausbildung. In Deutschland haben wir eine dreijährige Ausbildung. An etwa vierwöchige Schulblöcke schließen sich ca. sechswöchige Praxiseinsätze in verschiedenen Bereichen an, um das Gelernte zu praktizieren. In Spanien erfolgt die Ausbildung im Rahmen eines vierjährigen Studiums, das mit dem Bachelor abschließt. Dadurch läuft die Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal und Ärzten mehr auf Augenhöhe ab. Und die Wertschätzung, die dem Pflegepersonal des IMQ entgegengebracht wurde, empfand ich als höher.
Neu für mich war auch die Arbeit mit papierloser Dokumentation. Alles, was über einen Patienten und seine Behandlung dokumentiert ist, findet sich im PC. In Deutschland wird in den meisten Kliniken noch handschriftlich dokumentiert und der Umstellungsprozess hat gerade erst begonnen. Sehr nützlich fand ich auch das Rohrpost-System. Es ist sehr praktisch und spart viel Zeit. In meinem Krankenhaus zu Hause müssen wir Botengänge noch selbst erledigen.
Auch ich durfte Neues versuchen
Die wunderbaren Mitarbeiter in der HDQM haben mir nicht nur geholfen zu lernen, wie man zum Beispiel venöse Zugänge legt. Meine Tutorin Loreto hat sich daneben sehr bemüht, mir Kultur und Sprache näher zu bringen. Eigentlich hatte ich geplant, das Praktikum in einem englischsprachigen Land zu machen, aber wie das Schicksal es so wollte, habe ich einen Platz in Spanien bekommen. Da ich kein Spanisch im Unterricht in der Schule hatte und mir vorher selbst die Basics beigebracht habe, war ich umso glücklicher, wenn jemand mit mir lernen wollte. Dazu haben Loreto und ich in jeder freien Minute fleißig Spanisch-Spickzettel geschrieben. Nachmittags hat sie mich dann mit ihren Kindern zum Sightseeing eingeladen und ich konnte bei Pintxos (auf baskisch Tapas) und Kaffee mehr über ihre Heimat lernen.
Baskisch, die Hauptsprache in der Region, wurde in diesem Krankenhaus weniger gesprochen. Vermutlich, weil es eine Privatklinik ist und die Sprache nicht wie zum Beispiel im öffentlichen Krankenhaus zur Arbeitsvoraussetzung zählt . Hauptsprache war also Spanisch und ansonsten konnte ich mich mit meinem fließenden Englisch gut mit den Mitarbeitern verständigen.
Nach einem guten Start im HDQM fühlte ich mich gut vorbereitet für die Notfallabteilung. Dort hat es mir sehr gefallen, weil ich am meisten gesehen und viel geübt habe – und auf diese Weise mein Wissen vertiefen konnte. Auch wenn es manchmal viele Patienten waren und viel Stress für die Mitarbeiter gab, nahm sich jeder die Zeit, um mir etwas zu erklären und mich üben zu lassen. Das war toll, weil ich neues Wissen gerne schnell anwende. Außerdem habe ich erkannt, dass spanische Krankenschwestern aus rechtlicher Sicht mehr tun dürfen als in Deutschland. Sie dürfen zum Beispiel bestimmte Blutuntersuchungen oder Bluttransfusionen durchführen. In Deutschland ist das eine Aufgabe für Assistenzärzte.
Mein Highlight: der OP
Als letztes habe ich in den Operationssälen gearbeitet. Dort durfte ich helfen, sterile Materialien vorzubereiten – und Chirurgen über die Schultern schauen. Der interessanteste Eingriff war der Austausch einer Aortenklappe. Es war das erste Mal für mich, eine Operation am offenen Herzen aus der Nähe zu beobachten. Auch einen Menschen an der Herz-Lungen-Maschine zu sehen, war sehr beeindruckend. Ein weiteres Highlight war für mich eine Prostata-Entnahme mit dem DaVinci-Operationssystem. Dabei wird mit Hilfe eines roboter-assistierten Systems nur durch wenige kleine Schnitte am Bauch die Prostata entfernt. Das war auch deshalb sehr interessant, weil wir derzeit nur fünf dieser Systeme in den Hamburger Kliniken haben.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge
Abschließend kann ich sagen, dass ich mit dem gesamten Praktikum sehr zufrieden war. Die Auswahl der Abteilungen sowie die gesamte Organisation war sehr gut. Ich fühlte mich von jedem Mitarbeiter willkommen geheißen und die ganze Zeit gut und sehr freundlich begleitet. Ich weiß das sehr zu schätzen. Auch privat habe ich einige Freundschaften schließen können und werde somit dort (hoffentlich) einen Anlaufpunkt für das Leben haben. Jetzt bin ich mit all diesen wertvollen Erfahrungen wieder in Deutschland.
Um es kurz zu sagen: Muchas gracias IMQ Zorrotzaurre! Estoy muy agradecida por esta experienca y estería encantada de regresar y volver a trabajar con vosotros. – Vielen Dank an das IMQ Zorrotzaurre! Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung und würde mich freuen, zurückzukehren und wieder mit euch zu arbeiten.
Fotos: Christina Haeberle