Mitte Juni ist bei uns die Zahl der behandlungspflichtigen stationären COVID 19-Patienten auf null gesunken. Meine Station arbeitet primär nur noch als COVID 19-Verdachtseinheit. Wir haben einen abgetrennten Bereich für bis zu vier positiv getestete Patienten, die nicht intensivbehandlungspflichtig sind.
Vor der Rückkehr in die Geriatrie
Meine Kollegen und mich hat nach der ersten COVID 19-Welle eine gewisse Müdigkeit erreicht. Eigentlich ist mein Fachgebiet die altersmedizinische Frührehabilitation. Meine Mitarbeiter und ich wünschen uns auch dafür wieder eine neue Normalität. Allerdings ist leider bisher noch kein Zeitpunkt absehbar, wann dieser Hochrisikobereich wieder in voller Stärke in die Behandlungsstrukturen aufgenommen wird. Klar ist nur, dass es verständlicherweise der letzte Bereich ist, der wiedereröffnet wird.
Wir haben aber auch ein bisschen Angst vor der Rückkehr in die Normalität, da aktuell noch einige Gesetzesverordnungen, die uns bei der täglichen Arbeit unterstützen, außer Kraft gesetzt sind. Somit hat das Bundesgesundheitsministerium zum Beispiel die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PpUGV)* im Rahmen der COVID 19-Pandemie bis Ende Juli ausgesetzt. In dieser Verordnung ist festgelegt, wie viel examiniertes Pflegefachpersonal und wie viele Pflegehilfskräfte pro Schicht eingesetzt werden müssen. Diese Verordnung gilt sowohl für die Geriatrie, als auch für andere Fachabteilungen. Unabhängig davon sind die Pflegenden für bedarfsgerechte Personalbemessung orientiert am Pflegeaufwand der Patienten, auch wenn es hierfür unserer Meinung nach noch kein geeignetes Messinstrument gibt.
Schaffen wir ohne einen Mindestqualifikationsmix orientiert an der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung die Alltagsbelastung? Sind wir jetzt noch geschützt? Das sind die Ängste, die uns auf dem Weg zurück in die Normalität begleiten und dazu führen, dass wir angeregte Teamdiskussionen führen.
Neue Herausforderung: Personalgewinnung in der Krise
Viele OP-Stationen sind teilweise oder wieder ganz ins Behandlungsgeschehen eingebunden, hier wird sich an den Vorgaben der Politik orientiert. In Anbetracht dessen sind die Kollegen andererseits auch froh darüber, dass Sie noch nicht wieder aktiv in der Geriatrie sein können im Gegensatz zu operierenden Einheiten.
Warum? Die Geriatrie hat in dieser unruhigen Zeit leider „Federn gelassen“, also Pflegepersonal im Rahmen der unsicheren Arbeitssituation an andere Fachbereiche verloren. Hinzu kommt, dass die Belastung physiologisch als auch psychosozial sehr hoch ist.
Aus der Sorge um zu wenig Pflegepersonal entsteht jedoch gerade eine großartige Teamdynamik, um in absehbarer Zeit wieder mit einem starken Team an den Start gehen zu können, sodass die besondere Führungsaufgabe der Personalgewinnung gerade zum Teamwork geworden ist.
Ich bin tief beeindruckt, mit welchem Engagement mein Team versucht, andere Pflegekräfte für die Altersmedizin zu begeistern. Gemeinsam finden eigeninitiativ Brainstormings statt, um Strategien zur Personalgewinnung zu entwickeln. Seien sie auch vielleicht für den einen oder den anderen teilweise zu kreativ. Die Bereitschaft, neu ankommende Mitarbeiter einzuarbeiten, steigt und ist eine absolute Bereicherung für das Team. Für die Kollegen ist es von größter Bedeutung, die neuen Mitarbeiter für den wiederkehrenden Alltag auf der geriatrischen Frührehabilitation fit zu machen.
Zeit für Anerkennung
Dieses Engagement meines Teams verdient besondere Anerkennung. Ich bin stolz auf Euch! Der Kampf an der Basis gegen COVID 19 war für alle bis hierher nicht einfach. „Gemeinsam stark gegen CORONA!“ – das haben wir geschafft. Danke, dass Ihr voller Flexibilität und Einsatzbereitschaft trotz Familie und Freunden, jeden Tag vor Ort, für unsere Patienten da wart, auch wenn Ihr Euch dabei sogar selbst in Gefahr gebracht habt!
* Ab 01. August tritt die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung allerdings wieder in Kraft (Anmerkung der Redaktion)
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