In der Pflegeausbildung zählt nicht nur Wissen – sondern auch das Zwischenmenschliche. Genau diese Erkenntnis war der Ausgangspunkt am Asklepios Bildungszentrum für Gesundheitsberufe Nordhessen, wo vor knapp zwei Jahren das neue Konzept der Bezugspraxisanleitung eingeführt wurde. Unser Gastautor Ulrich Barckhausen stellt die Erfolgsgeschichte vor und zeigt auf, wie das neue Konzept funktioniert.
Warum ein neues Konzept?
Die Ausbildung von Pflegekräften ist ein zentraler Bestandteil des Gesundheitswesens, besonders vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels. Doch die Anforderungen an die Pflegeausbildung sind hoch, der Druck auf die jungen Menschen wächst. Viele erleben beim ersten Praxiseinsatz einen sogenannten „Praxisschock“ – plötzlich ist alles anders als in der Schule. Das führt oft zu Verunsicherung, Frust oder sogar zum Abbruch der Ausbildung.
Wir am BZG Nordhessen in Bad Wildungen wollten das ändern. Unsere Idee: Jeder Kurs bekommt eine feste Ansprechperson in der Praxis – eine:n Bezugspraxisanleiter:in, die oder der kontinuierlich begleitet, motiviert und unterstützt. Ein:e echte:r „Kümmerer:in“ für unsere Auszubildenden.
Was macht die Bezugspraxisanleitung besonders?
Die Bezugspraxisanleitung bedeutet: Verlässlichkeit und Nähe in der Ausbildung. Unsere Auszubildenden haben von Beginn an eine feste Bezugsperson – nicht nur fachlich, sondern auch menschlich.
Diese Bezugsperson ist feste:r Ansprechpartner:in und unterstützt gezielt bei den täglichen Herausforderungen in der Praxis. Gerade in der sensiblen Anfangsphase profitieren die Auszubildenden von dieser intensiven Betreuung, die ihnen Sicherheit und Orientierung gibt.
Die Stärken des Konzepts zeigen sich vor allem in der Krankenpflegehilfeausbildung, in der die enge Verzahnung von Theorie und Praxis entscheidend ist. Darüber hinaus sind die Bezugspraxisanleiter:innen eng in das schulische Geschehen eingebunden: Sie nehmen vom ersten Schultag an den Praxisevaluationen teil und begleiten die Kurse auch im Rahmen der kollegialen Beratung.
Ergänzt wird das Konzept durch das sogenannte A-Team – ein festes Ausbildungsteam, das ausschließlich aus freigestellten Praxisanleiter:innen besteht. Sie übernehmen umfangreiche Praxisanleitungen. Darüber hinaus finden regelmäßig – in jedem Praxisblock – die gesetzlich vorgeschriebenen Praxisbegleitungen durch Lehrkräfte des Bildungszentrums statt.
Alle diese Bausteine greifen wie Zahnräder ineinander: Das Zusammenspiel von individueller Betreuung, Schule und Praxis sowie strukturierter Begleitung schafft ein stabiles Fundament für eine moderne Pflegeausbildung.
Die Idee der Bezugspraxisanleitung entstand in einem Arbeitskreis hessischer Praxisanleiter:innen gemeinsam mit Lehrkräften der Ausbildungsstätten. In Bad Wildungen wird das Konzept erstmals in der Praxis erprobt – und wir sind stolz darauf, diesen innovativen Weg mitzugehen.
Spürbare Entlastung und höhere Zufriedenheit
Nach fast zwei Jahren können wir sagen: Das Konzept geht auf. Herausforderungen werden frühzeitig erkannt und gemeinsam gelöst. Die Auszubildenden fühlen sich gerade in den ersten Wochen besser betreut – und das zeigt Wirkung. Ihre Motivation ist spürbar gestiegen, das Feedback durchweg positiv. Ende dieses Jahres wird eine umfassende Evaluation stattfinden, aber die Rückmeldungen aus dem Alltag sind jetzt schon vielversprechend.
Stimmen aus der Praxis
Nicole Heberle, stellvertretende Leitung unseres Ausbildungsteams und Bezugspraxisanleiterin des Kurses 23/26A, bringt es auf den Punkt:
„Ich gehöre als Bezugsperson zum Kurs dazu – das macht mir sehr viel Spaß. Die enge Zusammenarbeit mit den Klassenlehrer:innen und dem Bildungszentrum stärkt meine Rolle als Praxisanleiterin enorm.“
Und natürlich bin auch ich überzeugt, denn unsere Auszubildenden fühlen sich gut aufgehoben und ernst genommen. Das steigert ihre Leistung und das Gefühl, dass wir gemeinsam etwas bewegen.
Pflegeausbildung weiterdenken
Pflege braucht mehr als Fachwissen – sie braucht Beziehung, Vertrauen und gute Begleitung. Mit der Bezugspraxisanleitung gehen wir am BZG Nordhessen einen wichtigen Schritt in genau diese Richtung. Und wir sind stolz darauf, ein Konzept umsetzen zu können, das einen echten Unterschied macht – für die Menschen, die wir ausbilden, und für die Pflege der Zukunft.
Foto: BZG Nordhessen / Andrea Schombara Fotografie