Während ich diese Zeilen schreibe, liege ich auf einem Hotelbett in Bremen. Ich besuche das dreitägige jährliche Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege. Solche Veranstaltungen sind für die Kompetenzentwicklung sehr wichtig, meine Teilnahme wird von meinem Arbeitgeber unterstützt. Der Kongress hat einen starken Praxisbezug. Ich schätze dieses jährliche Symposium sehr, weil es direkt mein Fachwissen erweitert und mich mit neuesten Erkenntnissen versorgt. Zugleich machen mich solche Veranstaltungen aber auch wehmütig, das Neueste aus der Praxis zu hören. Denn ich arbeite in einer Leitungsposition und nicht mehr direkt auf Station am Patientenbett.
Seit etwa anderthalb Jahren bin ich nun schon nicht mehr direkt auf Station tätig, sondern als Abteilungsleitung im Pflegedienst. Ich bin für die Intensivstation und den neonatologischen Bereich, also die Neugeborenen-Medizin, meiner Klinik verantwortlich. Als Fachpflegekraft waren diese Kongresse immer ein „Must“, um auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand in verschiedenen Themenbereichen zu bleiben. Da ich damals auch Geräte-Verantwortlicher war, kam die Kontaktpflege zu den Herstellern der Medizinprodukte dazu. Ich war dafür zuständig, dass alle Mitarbeiter meiner Station korrekt in alle Geräte eingewiesen und geschult wurden. Um das zu leisten, musste ich selbst eine Einweisung beim Hersteller erhalten. Auch die Vertreter der Firmen sind auf solchen Kongressen anwesend und stellen ihre neuen Produkte vor. Man sieht sich, man kennt sich und kommt so ins Gespräch.
Berufliche Identität
Seit ich nun Abteilungsleitung bin, arbeite ich nicht mehr direkt am Patienten. Ich möchte mich nicht beklagen, niemand hat mich zu dieser Entscheidung gezwungen. Ich liebe auch meinen jetzigen Job. Dennoch, die Arbeit auf der Intensivstation fehlt mir. Sie ist Teil meiner beruflichen Identität, auf die ich sehr stolz bin. Heute dienen die Kongresse vor allem der Kontaktpflege und der fachlichen Weiterbildung. Mit meinen Stationsleitungen und meinen Mitarbeitern gestalte ich unsere Bereiche und muss natürlich stets „up to date“ sein.
Als Intensivpflegefachkraft habe ich lange, hart und motiviert an meinen Fähigkeiten und Kenntnissen gearbeitet und war immer Mitglied in hochprofessionellen Teams. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Wir haben uns über viele Dinge gefreut und auch getrauert. Wir haben uns gestritten und wieder vertragen. Wir haben mit- und voneinander gelernt und sind gemeinsam gewachsen. Wir haben höllisch arbeitsreiche Dienste „überlebt“, aber uns auch die ein oder andere Nacht mit Kartenspielen um die Ohren geschlagen.
Bestätigung auf dem Kongress
Ich habe viele Kollegen kommen und natürlich auch viele gehen sehen. Ich durfte Auszubildende auf ihrem Weg zum Pflegeexamen begleiten, habe neue Kollegen eingearbeitet und gesehen, wie sie zu tollen Pflegekräften wurden. An solchen Tagen wie heute auf dem Kongress in Bremen wird mir immer wieder klar, was für einen tollen Beruf ich gewählt habe. In einem der heutigen Vorträge ging es um die Wichtigkeit professioneller Fachpflege auf der Intensivstation. Ich konnte nur nicken – an solchen Tagen würde ich am liebsten wieder selbst auf Station arbeiten, bei den Patienten. Für mich waren die drei Tage in Bremen ein Motivationsschub für die nächsten Arbeitswochen.
Foto: Marc Alexander Noll