Die Mitarbeiter:innen in der Pflegebranche laufen seit Jahren auf dem Zahnfleisch und es ist kein Ende in Sicht. Der Fachkräftemangel, wechselnder Schichtdienst und teilweise schlechte Bezahlung werden mit unserem Berufszweig verknüpft. Dass dieser Beruf auch erfüllend sein kann, gerät dabei völlig in den Hintergrund. Ich wollte schon als Kind eine Krankenschwester werden. Als examinierte Krankenschwester war der morgendliche Rundgang durch die Patienten:innenzimmer für mich immer das Beste vom Tag. Da konnte ich die Atmosphäre der Station schnuppern und schon mit denen, die bereits wach waren, einen kurzen „Schnack“ halten.
Seit vielen Jahren wird seitens der Politik, Wissenschaft und Gesellschaft versucht, Lösungen für den Fachkräftemangel zu finden. Die Entscheidungen, die dann getroffen wurden, wurden zu oft über die Köpfe der Pflegenden hinweg getroffen.
Aktiv mitgestalten zu können, um zu zeigen, wie dieser schöne Beruf in Zukunft aussehen kann, das waren unter anderem Gründe, mich ehrenamtlich politisch zu engagieren. Seit Ende des Jahres 2019 bin ich Mitglied bei Bündnis 90/die Grünen und setze mich umwelt- und sozialpolitisch für die Region ein. Seit November 2021 bin ich gewähltes Mitglied im Kreistag im Landkreis Stade und aktuell kandidiere ich für ein Direktmandat für die Landtagswahl im Herbst in Niedersachsen. Der Bereich Gesundheit ist natürlich einer meiner Themenschwerpunkte. Als examinierte Krankenschwester mit 23 Jahren Berufserfahrung arbeitete ich in unterschiedlichen Bereichen und auf unterschiedlichen Positionen. Ich war als Stations- und Abteilungsleitung im Asklepios Westklinikum in Rissen tätig und übe meinen Beruf seit nahezu einem Jahr in einer psychosomatischen Tagesklinik in Winterhude aus.
Meine Ziele als Krankenschwester in der Politik
Ich will mit meinen Möglichkeiten daran arbeiten, eine gute und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der Stadt, aber besonders auf dem Land, sicherzustellen. Alle Mitarbeiter:innen in der Gesundheitsbranche verdienen eine tariflich geregelte faire Bezahlung, damit verbundene angemessene Anzahl der Urlaubstage und müssen die Wertschätzung erhalten, die ihnen endlich nachhaltig zusteht. Das Thema Work-Lifetime-Balance war noch nie so aktuell wie dieser Tage. Alle Menschen und besonders Pflegekräfte wollen heutzutage ihre Freizeit nutzen. Das wird sicherlich noch verstärkt Thema, wenn die Corona Pandemie überwunden ist und man sich wieder ohne Abstandsregelungen bewegen kann. Die Dienstplangestaltung, angemessene Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, das „Miteinander“ im Unternehmen, sowie gegenseitige Wertschätzung sind noch mehr in den Fokus der Arbeitnehmer:innen gerückt.
Pflegeperspektive in die Politik bringen
In der Politik sehe ich auf Kommunal-, Landes- und besonders auf Bundesebene die Chance, wirklich etwas aus der aktiven Pflegeperspektive mit dem nötigen Praxisbezug zu verändern. So können bürgernahe Politiker:innen mit einem entsprechenden Pflegehintergrund die Zusammenhänge zwischen der Theorie der Politik und der Praxis in einem Gesundheitsunternehmen anders beurteilen als reine Theoretiker. Wie viele Patienten:innen kann eine Pflegekraft je nach Pflegeaufwand angemessen versorgen? Wie viel Dokumentationszeit muss wirklich aufgewandt werden? Wie kann die Digitalisierung in den Gesundheitseinrichtungen vorangebracht werden? Wie kann eine generelle Entlastung herbeigeführt werden? Muss nicht auch die Handhabung der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRGs) überarbeitet und verändert werden? Wie kann der Bereich der Prävention ausgebaut werden?
Politiker*innen müssen den Pflegenden zuhören
Ich sehe außerdem in der Politik die Aufgabe, einen Gesamtüberblick über das Ganze zu haben, das Defizitäre zu erkennen und unterstützende Maßnahmen kurzfristig, aber auch langfristig auf den Weg zu bringen. Sie muss in der Gegenwart agieren und auf das Hier und Jetzt reagieren, sowie schon für den Zeitraum von in ca. 20 Jahren den nötigen Weitblick entwickeln. Ich habe den Eindruck, dass die heutige Politik im Grunde mit Feuerlöschen beschäftigt ist, aber keine langfristigen Weichen stellt.
Die Politiker:innen, unabhängig von ihrem Wirkungskreis, müssen den Pflegenden zuhören, ihre Bedürfnisse wahrnehmen und nicht an ihnen vorbei regieren. Eine Veränderung wird Geld kosten. Jemand sagte mal: „auch ein Grüner muss einsehen, dass die Staatsknete endlich ist.“ Ja, natürlich ist es so, aber vielleicht geht es um eine Umverteilung der vorhandenen (staatlichen) Güter.
Wie wird Pflege in der Zukunft sein?
Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines demographischen Wandels und ich habe nicht den Eindruck, dass dieser gesellschaftliche Wandel schon die nötige politische Aufmerksamkeit erhalten hat. Auch hier sehe ich die Politik in der Pflicht, sich dieser Tatsache zu stellen. Es wird für die alternde Gesellschaft nicht genügend monetär erschwingliche Pflegeplätze mit dem notwendigen Personal in der Zukunft geben. Das heißt, heute muss darüber nachgedacht werden, wie wir all die Menschen pflegerisch versorgen wollen. Ich denke an soziale Mehrgenerationen-Wohnmodelle und an eine breite Unterstützung pflegender Angehöriger. Aber dazu kann ich ja im nächsten Beitrag mehr berichten.
Alles Gute, bleibt gesund.
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