Urlaub, die schönste Zeit des Jahres. Keine Verpflichtungen, keine Termine, kein frühes Aufstehen. Entspannen, etwas erleben, etwas Neues kennenlernen und das alles ohne Zeitdruck. Den Arbeitsalltag einfach mal in den Hintergrund schieben.
Aber irgendwann ist er wieder da, der erste Tag nach dem Urlaub. Irgendwie beginnt die Nervosität schon am Abend vorher. Plötzlich muss wieder an bestimmte Dinge gedacht werden, die man eigentlich fast vergessen hat – oder verdrängt? Die Brotdosen und Thermosflaschen werden wieder hervorgekramt. Und wo ist die Box für das Obst geblieben? Gilt für die öffentlichen Verkehrsmittel noch der Sommerplan oder hat sich da etwas verändert? Und auch das Stellen des Weckers darf nicht vergessen werden. Es scheint Ewigkeiten her, dass ich um 5:15 Uhr aufstehen musste.
Die Nacht ist dann meistens sehr unruhig. Bloß nicht verschlafen.
Wieder im alten Trott – und doch ungewohnt
Und dann ist er da, der erste Arbeitstag nach dem Urlaub. Wer deckt den Frühstückstisch und räumt ihn wieder ab? Schade, der nette Kellner aus der kleinen Taverne ist nicht mehr da. Dann flotten Schrittes zu Bus und Bahn. Hoffentlich verpasse ich keinen Anschluss.
Jetzt hinein in die Kinder-ZNA (Zentrale Notaufnahme, mein Arbeitsplatz). Hinein in den Klinikalltag. Hallöchen, da bin ich wieder, gut erholt und bereit, den Frühdienst zu rocken.
Ist denn nun schon Weihnachten?
Ein Blick auf die Pinnwand. Zwei Zettel fallen sofort ins Auge. Bitte eintragen, wer Weihnachten oder Silvester arbeitet. Ist nicht noch Sommer? Bitte gebt Euren Urlaub für 2022 an. Ich komme gerade aus meinem Urlaub! Herrje und schon geht die Zeitplanung wieder los. Aber die Stationsleitungen brauchen die Daten, um planen zu können.
Die E-Mails von drei Wochen wollen durchgesehen werden. Das Hirn fängt an zu rattern. Wie war doch gleich mein Passwort? Drei Versuche habe ich – und Gott sei Dank klappt es beim zweiten Mal. Es haben sich dezent einige Nachrichten angesammelt. Die wichtigsten werden gleich beantwortet, andere bei Seite geschoben oder gleich gelöscht. Mitten im E-Mails lesen kommt schon der erste Rettungswagen, und die ersten Kinder stehen auch schon am Empfangstresen.
Erinnerungen an die Strandbar zur Mittagszeit
Ein kurzer Blick auf die Uhr. Mittagszeit. Ich habe Hunger. Mir kommt die kleine Strandbar in den Sinn, wo es immer vor der Hauptspeise das knusprige selbstgebackene Brot mit einem gefüllten Tellerchen Olivenöl zum Dippen gab? Jetzt gibt es selbstgeschmierte Stullen aus der Dose. Zum Essen bleibt wenig Zeit, die Patienten haben Vorrang. Ich habe Durst. Eine hausgemachte Zitronenlimonade auf Eis aus regionalem Anbau wäre toll. Nichts da, der inzwischen lauwarme Tee aus der Thermoskanne muss reichen.
Nach einem langen arbeitsreichen Tag endlich Feierabend. Gedrängel in Bus und Bahn, es ist laut und hektisch. Zu Hause angekommen erst einmal die Ruhe genießen. Geht auch nicht. Das Telefon und die Türklingel läuten fast gleichzeitig. Und wer bereitet das Abendessen zu? Auf einem Teller hübsch angerichtet gibt es die Reste aus der Brotdose von heute Morgen mit der Erkenntnis: Der Alltag hat mich wieder.
Wann ist eigentlich wieder Urlaub?
Foto: Christiane Langhals