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Fatigue bei Krebs: Ein unterschätztes Symptom

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Eine erschöpfte Frau mit blonden Haaren sitzt auf einem Sofa, hält sich die Nasenwurzel und sieht müde oder gestresst aus. Sie trägt ein blaues Hemd und hat eine warme karierte Decke um die Schultern gelegt. Der Hintergrund zeigt eine gemütliche Wohnzimmersituation mit unscharfen Details.

Pflegefachkräfte in der Onkologie begegnen einem Phänomen immer wieder: Fatigue. Viele Krebspatient:innen kämpfen mit dieser tiefen, anhaltenden Erschöpfung. Doch was steckt dahinter? Und wie lässt sich damit umgehen? Das Thema stand auch im Fokus des Asklepios Krebskongresses 2025, wo es am Pflegetag (14.2.) diskutiert wurde. Hier gibt’s die wichtigsten Erkenntnisse aus meinem Vortrag „Leben mit Fatigue“ noch einmal zum Nachlesen.

Was ist Fatigue? – Gut zu wissen
Typische Symptome von Fatigue
Die Skala der Fatigue – von leicht bis schwer
Ursachen: Warum tritt Fatigue auf?
Was hilft bei Fatigue?
In welchen Fällen helfen Medikamente?
Fatigue im Alltag: Praktische Tipps!
Fazit: Fatigue ernst nehmen!

Was ist Fatigue? – Gut zu wissen

Fatigue ist ein subjektives, anhaltendes und quälendes Gefühl von Erschöpfung. Die Ausprägung dieser Empfindung wird von jeder Patientin und jedem Patienten unterschiedlich beschrieben und erfahren. Der große Unterschied zur normalen Müdigkeit ist, dass sich Fatigue nicht einfach wegschlafen lässt. Sie zieht sich durch den ganzen Tag, beeinflusst Körper, Geist und Seele – und macht selbst einfache Dinge anstrengend.

Zwischen 60 und 90 Prozent der Krebspatient:innen erleben Fatigue während oder nach einer Therapie. Bei manchen verschwinden die Beschwerden nach einiger Zeit, doch 20 bis 50 Prozent leiden noch Monate oder sogar Jahre später darunter. Besonders häufig betroffen sind Menschen mit Leukämie, Lymphomen oder metastasiertem Brustkrebs sowie Patient:innen unter Chemo- oder Strahlentherapie.

Typische Symptome von Fatigue

Fatigue betrifft nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche und die geistige Leistungsfähigkeit. Körperlich macht sie sich durch Kraftlosigkeit, Muskelschwäche und Atemnot bemerkbar – selbst kleinste Anstrengungen können zur Herausforderung werden. Hinzu kommt ein erhöhtes Schlafbedürfnis, das jedoch keine echte Erholung bringt.

Emotional leiden viele Betroffene unter seelischer Erschöpfung, Reizbarkeit und Niedergeschlagenheit. Angst, Hoffnungslosigkeit und Verlust der Lebensfreude sind ebenfalls häufige Symptome.

Auch die kognitive Ebene wird in Mitleidenschaft gezogen: Konzentrationsprobleme, Wortfindungsstörungen und eine verminderte Aufmerksamkeitsspanne erschweren den Alltag zusätzlich.

Die Skala der Fatigue – von leicht bis schwer

Fatigue tritt in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Während manche Betroffene nur leichte Einschränkungen haben, sind andere massiv in ihrem Alltag beeinträchtigt.

  • Leicht: Die Erschöpfung ist spürbar, aber mit Pausen gut zu bewältigen. Aktivitäten können angepasst und über den Tag verteilt werden.
  • Mäßig: Die Müdigkeit hält den ganzen Tag an und zwingt Patient:innen dazu, Pausen und Erholungsphasen fest einzuplanen. Der Alltag wird zunehmend zur Herausforderung.
  • Schwer: Selbst kleinste Aktivitäten wie Duschen oder Anziehen sind extrem anstrengend. Oft bleibt kaum Kraft für soziale Kontakte oder Freizeitaktivitäten.

Wer sich dauerhaft in den mittleren oder schweren Bereich dieser Skala einordnet, sollte mit Ärztinnen, Ärzten oder Pflegefachkräften sprechen, um individuelle Lösungen zu finden.

Ursachen: Warum tritt Fatigue auf?

Fatigue ist ein sehr komplexes Symptom und kann daher mehrere Ursachen haben, die oft zusammenwirken. Krebstherapien wie Chemo, Bestrahlung oder Immuntherapie belasten den Körper enorm. Aber auch die Krebserkrankung selbst kann die Energiegewinnung beinträchtigen und die Fatigue verstärken.

Hinzu kommen Begleiterkrankungen wie Blutarmut, Infektionen oder Mangelernährung, die das Symptom verschlimmern. Deshalb ist es wichtig, genau hinzuschauen: Gibt es behandelbare Ursachen wie Anämie oder einen Nährstoffmangel? Eine gezielte Diagnostik ist entscheidend, um behandelbare Ursachen frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.

Um Fatigue besser zu verstehen und ihr gezielt entgegenwirken zu können, ist eine systematische Erfassung der Symptome sinnvoll. Fragebögen, Müdigkeitsskalen sowie die Analyse von Müdigkeitsmustern und körperlichen Parametern helfen, individuelle Belastungen besser einzuschätzen und geeignete Maßnahmen abzuleiten.

Was hilft gegen Fatigue?

Auch wenn es paradox klingt, aber leichte Bewegung hilft. Sport verbessert die Durchblutung, stärkt die Muskulatur und kann das Wohlbefinden steigern. Wichtig ist auch die psychoonkologische Begleitung: Gespräche mit Therapeut:innen oder der Austausch in Selbsthilfegruppen bieten eine gute Unterstützung.

Zudem hilft ein strukturierter Tagesplan, sich nicht zu viel vorzunehmen und sich nicht zu überlasten. Wer Prioritäten setzt, regelmäßige Pausen einplant und Aufgaben delegiert, kann seine Kräfte besser einteilen. Ergänzend wirken Entspannungsmethoden wie Yoga, Akupunktur oder Massagen beruhigend und stressabbauend.

In welchen Fällen helfen Medikamente?

Bislang gibt es kein Medikament, das speziell zur Behandlung von tumorbedingter Fatigue zugelassen ist. In bestimmten Fällen kann jedoch eine unterstützende medikamentöse Therapie sinnvoll sein, um die Symptome zu lindern.

Bei Blutarmut (Anämie) infolge einer Chemotherapie kann Erythropoetin (EPO) die Bildung roter Blutkörperchen anregen und so die Energieversorgung verbessern. Auch eine Bluttransfusion kann bei schwerer Blutarmut kurzfristig neue Kraft geben.

Wenn die Fatigue mit einer Depression einhergeht, können Antidepressiva helfen, den Antrieb etwas zu steigern. In palliativen Situationen wird häufig Kortison eingesetzt, um die Lebensqualität kurzfristig zu verbessern. In Ausnahmefällen kann auch Methylphenidat (Ritalin) – ein Medikament aus der ADHS-Therapie – zur kurzfristigen Antriebssteigerung eingesetzt werden. Wichtig ist jedoch, dass Medikamente keine langfristige Lösung darstellen und nur nach sorgfältiger ärztlicher Abwägung eingesetzt werden sollten.

Fatigue im Alltag: Praktische Tipps!

Diese kleinen Anpassungen helfen, die vorhandene Energie optimal einzuteilen und trotz Fatigue ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen:

  • Haushalt: Niemand muss den Haushalt an einem Tag wuppen. Besser ist es, die Arbeit über die Woche zu verteilen, das spart Energie. Schwere Einkäufe lassen sich mit einer Tasche auf Rädern leichter transportieren. Hausarbeiten wie Bügeln oder Kochen sollten, wenn möglich, im Sitzen erledigt werden.
  • Körperpflege: Ein Duschstuhl spart Kraft, ebenso wie das Haarewaschen direkt unter der Dusche statt über dem Waschbecken. Langstielige Bürsten oder Lotion-Applikatoren helfen, ohne große Anstrengung an alle Körperstellen zu kommen.
  • An- und Ausziehen: Bequeme Kleidung mit Frontverschluss erleichtert das Anziehen, Slipper statt Schnürschuhe vermeiden anstrengendes Bücken. Wer seine Kleidung schon am Vorabend bereitlegt, startet entspannter in den Tag.

Fazit: Fatigue ernst nehmen!

Fatigue ist mehr als nur „ein bisschen müde sein“ – sie kann die Lebensqualität erheblich einschränken. Entscheidend ist, sie frühzeitig zu erkennen und ihr gezielt entgegenzuwirken. Bewegung, psychologische Unterstützung und eine durchdachte Tagesstruktur können helfen, die Erschöpfung zu lindern und mehr Lebensqualität zurückzugewinnen.

Was genau passiert im Körper bei Fatigue? Und welche medizinischen Ansätze gibt es noch? In diesen beiden Videos von Asklepios erfährst du mehr: „Was ist das Fatigue-Syndrom? – Medizin ABC | Asklepios“ und „Fatigue-Syndrom: 3 Fragen 3 Antworten | Asklepios“.

Foto: Adobe Stock

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Auf diesem Blog erzählen einige von ihnen aus ihrem Alltag in einer der bundesweit rund 170 Gesundheitseinrichtungen von Asklepios. Wie sie arbeiten und was sie bewegt, lesen Sie hier.

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